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Alpenverein Trier


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Tourenberichte

 

Elbrus Lenin Expedition 2013 (Teil 1)

Von Frankfurt nach Moskau, von Moskau nach Mineralny vody, von Mineralny vody nach Tscheget und von dort hoch hinaus zu unserem Basislager und dann...

... regnete es immer noch und die Landschaft war Grau in Grau. Die Wettervorhersage sah zwar Sonne für den nächsten Tag vor, doch so langsam kamen Zweifel auf - nun ja, der Tag war noch lang. Nach dem Frühstück versuchten wir uns, so gut es ging, die Zeit zu vertreiben und wir wagten uns nach draußen, um noch einen zweiten Wetterbericht zu ergattern. Das Verwaltungsteam im Basislager meinte nur: das wird schon. Im Klartext hatten sie keine Ahnung, da der Elbrus gerne unberechenbar ist. Nach einem erfolgreichen Start, an dem sukzessiv Exkursionen auf 4200m, 4500m und 5000m durchgeführt werden konnten, saßen wir nun schon zwei Tage auf 3750m in unserem Botschkis Luxuscontainer fest. Nachmittags klarte es ein wenig auf und wir wurden immer hoffnungsvoller. Als dann jedoch der Abend immer näher rückte, fing es wieder an zu schneien. Wir entschieden uns dennoch, um drei Uhr aufzuwachen um rauszuschauen und um dann zu entscheiden, ob sich das losgehen lohnen würde. Als jeder nun in seinem Bett lag, hatten alle große Bedenken, dass der nächste Tag erfolgreich werden würde. Zumindest waren unsere Sauerstoffwerte gut, was auch im Falle eines Abbruchs eine gute Akklimatisierung für unser nächstes Ziel bedeuten würde. Mit gemischten Gefühlen fiel einer nach dem anderen in einen unruhigen Schlaf.

Botschkis Luxuscontainer

Drei Uhr! Ein Handywecker reißt uns aus der Traumwelt: „Lieber Gott, bitte mach, dass es schneit und wir liegen bleiben können...“ Ein flüchtiger Blick in den kalten Nachthimmel zerstörte jedoch alle Schlafgedanken: Sterne!

Alarmstufe rot, wir beeilen uns so gut es geht und würgen ein kleines Frühstück herunter. Die erste Ration heißes Wasser für den Tee dauert fast 40 Minuten und wir rechnen schon mit einem verspäteten Start. Als uns dann das Gas ausgeht, steht es zwar nicht kritisch aber auch nicht gut um unsere Getränke. Wir hofften, dass das Wasser im Rucksack zwischen dem Material nicht gefrieren würde. Als wir schließlich adrenalingeladen nach draußen stapften, wunderten wir uns über das milde, windstille Wetter. Schnell starteten wir und erreichten zügig das Plateau unterhalb der alten abgebrannten Prijut-Hütte auf 4200m. Hier wurden wir auch von den ersten mit Touristen beladenen Pisten-bullies überholt; wir waren spät dran! Im Hang oberhalb der Hütte wurde es so langsam hell und wir genossen die phantastische Sicht auf den Kaukasus und das Schwarze Meer in der Ferne. Jakub hatte sich schon abgesetzt und Chris folgte ihm etwas später, da er wegen drohender Auskühlung keine Pausen machen konnte. Ab 4500m begann Marc immer langsamer zu werden, und er beschloss, in seinem Tempo weiter zu machen, während er uns zum schnelleren Aufstieg ermutigte. Trotz des schönen Panoramas im Rücken blieb es eine frontale Quälerei durch eine öde Schneelandschaft. Als wir die Pastuchov-Felsen bei 4750m verließen, hatten wir quasi erst die Hälfte geschafft... es war zermürbend. Ab dort ging es von Fahne zu Fahne (der gesamte Hang ist alle 30m mit kleinen Fahnen markiert) bis auf 5000m. Dann steigt der Weg erst weiter an, um danach in einer langen Linkskurve auf den Sattel zu führen. Von unten sah diese Kurve leicht ansteigend und gut zu gehen aus, doch das abfallende Gelände entpuppte sich als weiterhin sehr steil. Auch der gut ausgetretene Pfad war bei weitem nicht waagerecht und man musste halb quer, halb frontal die letzten Höhenmeter überwinden. Als wir dann die Sattelhöhe erreicht hatten und Richtung Westgipfel einbogen, rückten unsere Gipfelträume noch einmal ein Stück nach hinten. Der Weg unterhalb des Ostgipfels zog sich noch ein langes, ungeschütztes Stück, auf dem der Fallwind messerscharfe Eiskristalle durch die Luft wirbelte. Uns kamen auch schon die ersten Gruppen entgegen und als wir endlich den Fuß des Westgipfels erreichten, war eine Pause unabdingbar. Essen, Trinken und eine halbe Stunde Schlaf in der Sonne gaben uns wieder genug Kraft um die letzten 200 Höhenmeter zu bewältigen. Der steile Aufstieg, der nun folgte, war einfacher als er aus der Ferne ausgesehen hatte. Immer wieder kamen uns „Pistenbully“-Bergsteiger entgegen (Wir waren die einzigen die sich ab 3750m aus eigener Kraft durchquälten) aber auch Bergführer, die am kurzen Seil ihre unsicheren Kunden im Geh-Gelände vorm Fallen bewahrten... Messner hat manchmal schon Recht! Nach einiger Zeit trafen wir auch Chris und Jakub wieder, die am absteigen waren. Danach noch ein paar andere Bergsteiger und wir waren alleine. Dann kamen die Fixseilpassagen "wo man besonders aufpassen sollte". Na ja, die größte Gefahr war hier, über das Fixseil zu stolpern! Als die Flanke bewältigt war, schauten wir zum Gipfel hinauf, doch der Weg ging in die entgegengesetzte Richtung. Dunkel erinnerten wir uns an die Beschreibung einer optischen Täuschung des Kraterrandes und wir fuhren fort. Das Gelände wurde immer flacher, als wir dem Vulkankegel folgten. Endlich war das Ende in Sicht (eine kleine unspektakuläre Erhöhung) und nach kurzer Zeit betraten wir gemeinsam den höchsten Punkt Europas. Erfolgreich packten wir unser Sponsoren-Banner aus und verewigten uns auf 5642m. Noch ein kurzer Panoramablick und es begann unser langer Abstieg. Jetzt dürfen wir nun noch das ganze zurück - „hurra, hurra“!

Der lange Aufstieg. Im Hintergrund der Kaukasus.

Auf dem Sattel angekommen trafen wir auf Marc, der nun definitiv der letzte am Berg war. Er wollte sich alleine langsam hoch kämpfen. Auch wenn wir nicht unbedingt glücklich über eine solche Solobesteigung waren, wollten wir auch niemand etwas pauschal verbieten, was jeder wohl an diesem Punkt selber auch getan hätte. Also wägten wir zusammen das Risiko ab. Es war noch früh genug am Tag und das Wetter war stabil. Der Weg war einfach und die Sturzgefahr gleich null. Zudem war fast überall Handyempfang und das nächste Lager auf 4750m. Das Risiko war entsprechend kalkulierbar und wir überließen den letzten Gipfelstürmer des Tages der Obhut des Berges.

Runter ging es dann schneller und der Weg erschien kürzer. Ab der Hälfte der Linkskurve konnten wir eine virtuelle Linie bis zum Fuß der Pastuchov-Felsen ziehen, der wir wenig später ganz real und rodelnd folgten. Wir machten so fast 1000 Höhenmeter in kürzester Zeit wett! Die letzten Kilometer mussten wir aber zu Fuß bewältigen, und obwohl wir schnell vorankamen, machte sich die Müdigkeit immer öfter zu bemerken. Wieder und wieder machten wir kurze Pausen. Endlich, nach knapp 13 Stunden betraten wir wieder den Komfort unserer Bleibe. Jetzt erst setzen, etwas trinken und essen, und nach kürzester Zeit waren wir soweit wieder fit. Wir hatten es fast geschafft, fehlte nur noch Marc. Realistisch gesehen würde es noch drei Stunden dauern, nach zwei machte sich bei manchen Panik breit (aber nur bei denjenigen, die unseren Marc nicht gut kannten). Daraufhin benachrichtigten wir Oxana, unsere lokale Ansprechpartnerin, welche zwei Motorschlitten in Bereitschaft hielt... für den Notfall. Dieser trat aber nicht ein. Marc gab uns seinen Status übers Handy durch, so dass sich alle wieder beruhigen konnten. Als auch der letzte von uns erfolgreich eingetrudelt war, hatten wir es endgültig geschafft. Ein langer Weg ohne Variation, immer die Firnflanke hinauf, fast 2000 Höhenmeter und 8km bis zum Gipfel, den nur wenige auf sich nehmen. Sehr zufrieden und müde fielen wir an diesem letzten Abend in unsere Betten und verarbeiteten unterbewusst die erfolgreichen Strapazen bis zum nächsten Morgen. Wir waren noch lange nicht fertig, denn nach dieser erfolgreichen Akklimatisierung ging es nun weiter nach Kirgisien zum Pik Lenin (7134m)…

Barbora und Vivian auf dem Gipfel des Elbrus.

 

Barbora Orlikova und Vivian Boyer

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